Gabriella Hohendahl: September 2011

Dienstag, 6. September 2011

aus "Com'è profondo il mare" (Italy, 2010)

Galerie Daniel Tanner, Zürich

Den Titel ihrer Ausstellung hat sich die Kunstfotografin Gabriella Hohendahl von einem frühen Album und gleichnamigen Canzone des italienischen Cantautore Lucio Dalla geborgt. Ein Ausdruck des Staunens steckt darin: Wie tief doch das Meer ist!

Stimmig dazu erzählen die versammelten Fotografien von einer Reise – einerseits ganz konkret einer Reise nach Italien, ans Meer, andererseits aber auch einer Reise, die Gefühlswelten erkundet.

Denn wie bei den meisten Arbeiten der 30-jährigen Winterthurerin werden die konkreten Situationen, die sie festhält, von einer zweiten Ebene überlagert: einer Ebene inneren Erlebens, Fühlens, der Sehnsucht. Die so entstehenden Bilder sind emotional aufgeladen und sprechen auf eine poetische Weise von grossen und letzten Dingen: dem Körper, der Lust, von Identität, Liebe, Vergänglichkeit.

Um solche Dinge macht man im Alltag gern einen Bogen, nicht zuletzt, weil sie einen umtreiben und bedrängen. Auch im Kunstkontext werden die «grossen Themen» zurzeit oft lediglich in ironischen Brechungen verhandelt.

Gabriella Hohendahl verfolgt einen anderen Ansatz: Ebenso beharrlich wie mutig stellt sie Verletzlichkeit und Schönheit dar, meist ihre eigene.

Wie sie selbst sagt: «Am Anfang stand die Reise. Eine Reise ins Ungewisse. Voller Sehnsucht nach etwas, was ich selbst nicht genau bezeichnen konnte. Doch es war mir, als hätte ich gefunden, wonach zu suchen ich aufgegeben hatte.» Inszenierte Selbstporträts in sich spiegelnden Spiegeln, Hotelzimmerambientes im durch Fensterläden gedämpften Tageslicht, das Meer, die Weite des Himmels und wie er glüht, das Glück in einer Umarmung – all dies und mehr findet in «Com’è profondo il mare» zu einem anspielungsreichen Ganzen, zu einer poetischen Erzählung in Fotografien zusammen.

Dabei gelingen Gabriella Hohendahl intime Bilder aus jenem traumhaften Zwischenbereich, wo Realität und Wunsch sich zuweilen zärtlich umschlingen.

J. Odermatt